Freiwilligenarbeit im Ausland – Ist Volunteering Work zu empfehlen?

Eine Möglichkeit, um in eine andere Kultur einzutauchen, ist Freiwilligenarbeit bzw. Volunteering Work. In diesem Beitrag erfährst du, was Freiwilligenarbeit ist, auf was du achten solltest und ob eine ehrenamtliche Tätigkeit im Ausland zu empfehlen ist.

Mit diesem Beitrag nehme ich an der Blogparade von Generation World zum Thema „Social Working im Ausland“ teil.

Zunächst einmal möchte ich erwähnen, dass es in diesem Beitrag nicht um ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) oder ähnliches geht. Hier erfolgt ein Einsatz meist über ein Jahr und es erfolgt eine Betreuung der Freiwilligen vor, während und nach dem Einsatz.

In diesem Beitrag geht es um Freiwilligenarbeit, die über einen kürzeren Zeitraum, ohne Betreuung und oftmals in Verbindung mit einer Reise erfolgt.

Was ist Freiwilligenarbeit?

Bei der Ausgestaltung deiner ehrenamtlichen Tätigkeit gibt es fast keine Grenzen. Vielleicht hast du einen Beruf erlernt, den du in deinem Reiseland ausüben kannst? Weitere beliebte Einsatzgebiete sind unterstützende Tätigkeiten in einer Schule, in einem Kinderheim oder in Gästehäusern. Genauso kannst du aber auch Sprachunterricht geben, bei der Erstellung der Internetseite helfen oder auf dem Feld mitarbeiten.

Wie lange kannst du den Freiwilligendienst ausüben?

Auch hier gibt es keine Grenzen und oftmals kannst du das individuell bespreche. Für manche Einrichtungen sind ein paar Tage in Ordnung, andere erwarten eine Mindesteinsatzdauer von zwei Wochen, einem Monat oder sogar 3 – 6 Monaten.

Kostet Freiwilligenarbeit etwas?

Es gibt Organisationen, die sich auf die Vermittlung von ehrenamtlichen Helfern spezialisiert haben. Sie helfen dir vielleicht sogar bei der Beantragung deines Visums und stellen dir eine Unterkunft zur Verfügung. Bei Fragen und Problemen kannst du dich an deinen persönlichen Ansprechpartner wenden. So ein Service ist natürlich nicht kostenfrei und die Höhe der Gebühr kann ganz unterschiedlich ausfallen.

Eine weitere Möglichkeit sind Plattformen wie Workaway und helpx. Gegen einen Mitgliedsbeitrag kannst du Kontakt zu den Anbietern von Hilfseinsätzen aufnehmen. Oft arbeitet man etwa 5 Stunden am Tag und erhält dafür Kost und Logis kostenfrei. Durch ein Bewertungssystem kannst du sehen, welche Erfahrungen andere Freiwilligen mit diesem Anbieter gemacht haben.

In Facebook gibt es auch einige Gruppen für Freiwilligenarbeit, z.B. Urlaub gegen Hand. Such nach Volunteering und deinem Reiseland und schon werden dir verschiedene Möglichkeiten gezeigt. Da weder ein Vermittler noch Bewertungen vorliegen, solltest du den Anbieter sehr sorgsam auswählen und die Details deiner Tätigkeit im Vorfeld besprechen. Letztendlich solltest du aber bei jeder von den genannten Möglichkeiten auf dein Bauchgefühl vertrauen.

Die Vorteile von Freiwilligenarbeit

Wie bereits erwähnt, ist das eine super Gelegenheit, um in eine andere Kultur einzutauchen. Der Austausch ist sowohl für die Freiwilligen als auch für die Anbieter der Freiwilligenarbeit sehr bereichernd. Vielleicht knüpfst du nicht nur neue Kontakte, sondern schließt Freundschaften? Ich bin mit einigen Leuten von meiner Freiwilligenarbeit auf Sansibar noch regelmäßig in Kontakt.

Besonders hilfreich für den Anbieter der Freiwilligenarbeit ist es natürlich, wenn du bestimmte Fachkenntnisse mitbringst und sie so gezielt unterstützen kannst. Denn oftmals können sich die Organisationen leider Mitarbeiter mit Fachexpertise nicht leisten.

Die Nachteile von Freiwilligenarbeit

Es ist super, wenn du eine Organisation mit deinen Fachkenntnissen unterstützt. Es besteht aber die Gefahr, dass gezielt Freiwillige eingesetzt werden, weil diese günstiger als die Beschäftigung von einheimischen Arbeitern ist.

Es gibt auch sensible Bereiche, in denen der Einsatz von Freiwilligen ganz bewusst und nach einer sorgfältigen Auswahl erfolgen sollte. Zum Schutz von Kindern sollten Freiwillige beispielsweise nicht nur ein paar Tage oder wenige Wochen in einem Kinderheim tätig sein. Bis die Kinder sich an den Freiwilligen gewöhnt haben, verlässt er die Einrichtung wieder und ein neuer Freiwilliger reist an. So haben die Kinder kaum eine Möglichkeit eine Beziehung zur Betreuungsperson aufzubauen. Andererseits ist es für einen ungelernten Freiwilligen schwierig, innerhalb von kürzester Zeit eine adäquate Betreuung von Kindern aus einer fremden Kultur zu gewährleisten. Vielleicht haben die Kinder auch Traumata zu bewältigen und benötigen eine besondere Betreuung. Natürlich ist es auch möglich, dass ein Freiwilliger nur als Helferlein auftritt. Dennoch wird bei einem Kurzzeiteinsatz eine Beziehung zu den Kindern aufgebaut und relativ schnell wieder beendet.

Meine Erfahrungen mit Freiwilligenarbeit

Volunteering Work auf Sansibar, Tansania

Bei meiner Afrikareise 2018 habe ich über eine Facebook-Bekannte von einer NGO auf Sansibar erfahren. Dort habe ich Deutsch und Englisch unterrichtet sowie die Social Media-Kanäle aufgebaut. Da ich in einem kleinen Dorf gewohnt hatte und spezielle kulturelle Austausche organisiert wurden, konnte ich das Leben auf Sansibar ganz anders kennen lernen.

Freiwilligenarbeit in einem Kinderheim in Uganda

Zwei erkenntnisreiche Erfahrungen mit Freiwilligenarbeit hatte ich in Uganda. In einem Gästehaus hatte ich zwei Deutsche kennengelernt, die mir ganz begeistert von sozialen Projekten erzählten. Die eine Deutsche unterstützt bereits seit einigen Jahren sehr aktiv ein Kinderheim in Uganda, indem sie Spendengelder und Hilfsmittel akquiriert. Sie übernimmt aber auch die Organisation von Baumaßnahmen und plant bei jedem Aufenthalt bewusst ein paar Tage bis sogar Wochen für dieses Kinderheim ein.

Als mir angeboten wurden, dass ich mir dieses Kinderheim mal anschauen dürfte, fand ich das eine gute Idee. Vor allem ja auch, weil dies durch einen persönlichen Kontakt erfolgt ist. Als ich dort ankam, war ich schockiert. Ich wusste bereits, dass ein Kurzzeiteinsatz in einem Kinderheim aus pädagogischer Sicht vermieden werden sollte. Aber dass bereits ein Nachmittag im Kinderheim so viel Unruhe reinbringt, war mir nicht bewusst. Deshalb hatte ich mich bewusst zurückgezogen und eine Beobachterposition eingenommen. Denn wie sollen die Betreuerinnen ihren Alltag regeln, wenn allein die Anwesenheit eines Freiwilligen die Kinder aufscheucht? Ich hatte mich so unwohl gefühlt, dass ich dann auch gar nicht mit den Kindern gespielt hatte und nach einem kurzen Gespräch mit der Leiterin wieder gegangen bin. Dort länger zu bleiben und Unruhe zu schaffen, hatte sich für mich nicht richtig angefühlt.

Von der Leiterin des Kinderheimes erfuhr ich, dass die Kinder an die Freiwilligen gewöhnt sind. Es gibt zwar auch FSJler, aber die meisten Freiwilligen sind nur 1 – 3 Wochen in dem Heim und bringen keine pädagogischen Vorkenntnisse mit. Für den ehrenamtlichen Einsatz ist eine Gebühr zu bezahlen. Ein Teil hiervon wird für das Schulgeld der älteren Kinder verwendet. Das ist natürlich eine gute Möglichkeit den älteren Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen. Aber könnte man nicht einfach direkt das Schulgeld spenden?

Freiwilligenarbeit in einem Krankenhaus in Uganda

Die zweite Deutsche in dem Gästehaus erzählte mir begeistert von einem Krankenhaus, das bald eröffnet wird. Das Krankenhaus ist auf der Suche nach Freiwilligen, die ein paar Tage oder auch ein paar Jahre bleiben und im Krankenhaus mithelfen. Die Deutsche hatte mehrere Jahre in Afrika gelebt und Hebammen ausgebildet. Sie hatte sich bereits mit dem Krankenhausleiter unterhalten und war am überlegen, das Krankenhaus zur Eröffnung für mehrere Monate zu unterstützen. Wie du vielleicht weißt, bin ich Krankenschwester. Ich hatte mir daher schon überlegt, mal in Tansania in einem Krankenhaus für einen längeren Zeitraum mitzuarbeiten. Kurzerhand hatte ich den Kontakt zum Krankenhaus in Uganda aufgebaut und mir die Räume zeigen lassen. Da von dem Krankenhaus das Arbeitsvisum organisiert und eine Unterkunft gestellt wird, sollte das doch die perfekte Möglichkeit sein, oder?

Ich hatte noch lange über diesen Krankenhausbesuch nachgedacht und muss gestehen, dass auch jetzt, Wochen nach dem Besuch, das alles für mich keinen Sinn ergibt.

Der Leiter des Krankenhauses konnte mir trotz mehrmaligem Nachfragen nicht erklären, was genau die Aufgaben von Freiwilligen sein werden. Was soll man schon helfen, wenn man nur ein paar Tage da ist? Dann ist das doch eher wie eine Hospitation. Klar, man soll im Stationsalltag mithelfen. Aber würde es nicht mehr Sinn machen, wenn einheimisches medizinisches Personal in dem Krankenhaus tätig wird? Es werden Arbeitsplätze geschaffen und die Menschen sind mit den Gegebenheiten und der Kultur vor Ort vertraut. Jedoch ist medizinisches Personal in Uganda Mangelware. Die Ausbildung ist sehr teuer, sodass viele sie sich nicht leisten können. Außerdem muss diesen Mitarbeitern ein Gehalt gezahlt werden, während die Freiwilligen kostenfrei helfen und mit dem Gefühl nach Hause fliegen, etwas Gutes getan zu haben. Sicherlich werden sie auch ein paar Euro spenden, sodass das Krankenhaus nicht groß auf Kosten sitzenbleiben wird.

In dem Ort habe ich mindestens vier andere Krankenhäuser gesehen. Natürlich sind sie nicht so modern wie ein neu gebautes Krankenhaus. Jedoch müssen die Patienten auch in dem durch Spendengelder finanzierten Krankenhaus für die medizinische Betreuung zahlen. Wenn das Krankenhaus durch Spenden finanziert wird und ausländische Fachkräfte kostenfrei dort arbeiten, wieso kann die medizinische Behandlung der Patienten dann nicht vergünstigt oder gar kostenfrei erfolgen?

Versteh mich bitte nicht falsch. Es ist super, in einem anderen Land zu arbeiten, neue Erkenntnisse zu gewinnen und die Menschen vor Ort zu unterstützen. Aber ist es „nur“ eine Hospitation, ein Arbeitseinsatz oder ist mit dem Einsatz ein bestimmter Auftrag verbunden, z.B. das medizinische Personal auszubilden? Für mich sind nach dem Gespräch zu viele offene Fragen geblieben, sodass ich erstmal nicht in dem Krankenhaus tätig sein werde. Dieses Gespräch war aber auch der Anlass meine Motivation für eine mögliche Freiwilligenarbeit in einem Krankenhaus in Tansania zu hinterfragen.

Ist Freiwilligenarbeit empfehlenswert?

Wie du in diesem Beitrag gelesen hast, ist es schwierig oder gar unmöglich ein generelles Fazit auszusprechen. Dies hängt von deiner Motivation und den Zielen der Einrichtung, deinem Aufgabengebiet und der Dauer deines Einsatzes ab. Dieser Beitrag soll dich ermuntern, dich in Ruhe mit diesem Thema auseinanderzusetzen, deine Vorstellungen und Erwartungen zu hinterfragen und den für dich richtigen Weg zu finden. Bei Miriam von Nordkap nach Südkap findest du noch mehr Fragen, die du dir vor dem Hilfseinsatz stellen solltest.

Hast du bereits Erfahrungen mit Freiwilligenarbeit gesammelt? Wo warst du und was hast du gemacht?
Oder bist du gegen Freiwilligenarbeit? Was sind deine Gründe hierfür?
Schreib mir doch einen Kommentar mit deiner Meinung zur Freiwilligenarbeit im Ausland.